Metke zur Bedarfsplanung: Die Erhaltung der flächendeckenden Versorgung mit niedergelassenen Ärzten braucht eine Strategie
Dr. Norbert Metke, Vorstandsvorsitzender der KVBW und damit Vertreter der mehr als 21.000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Baden-Württemberg, gibt dem AOK-Vorsitzenden, Dr. Christoph Herrmann, uneingeschränkt recht: Die Bedarfsplanung verwaltet die ambulante medizinische Versorgung mehr, als dass sie diese plant. Wenn die Menschen im Land weiterhin flächendeckend durch niedergelassene Ärzte versorgt werden sollen, ist dringend ein geeignetes Steuerungsinstrument in der Versorgung zu implantieren.
Metke sagte heute in Stuttgart: „Angesichts des existenten und zunehmenden Ärztemangels im Land, insbesondere bei Haus-, aber auch zunehmend bei Fachärzten, muss sich das Kollektivsystem der Gesetzlichen Krankenversicherung zunächst die Frage nach dem 'Warum' stellen. Viele Faktoren sind es, die sich unter dem Überbegriff eines planwirtschaftlich überregulierten Systems zusammenfassen lassen: Unser bestehendes System trägt weder den Versorgungserfordernissen einer sich verändernden Gesellschaft, noch der zunehmenden Komplexität medizinischer Fragestellungen, noch einer veränderten Lebenswelt der nachkommenden Ärztegeneration und deren berechtigten Einkommensforderungen Rechnung. Dies leisten inhaltlich derzeit ausschließlich die in Baden-Württemberg vereinbarten Selektivverträge.
Pseudoliberale Patientensteuerung
Darüber hinaus herrscht eine Pseudoliberalität der Patientensteuerung, die insbesondere bei chronisch polymorbiden Patienten nicht mehr zu akzeptieren ist. Auf Patientenseite führt sie zu schlechteren Behandlungsergebnissen. Für die Vertragsärzte führt sie innerhalb des beschränkten Budgets für Kassenpatienten zu einer Leistungsausweitung auf Kosten des Hauses: Derzeit werden in Baden-Württemberg 16 Prozent aller fachärztlichen Leistungen nicht vergütet. Zu einer effektiven Patientensteuerung dieser Kranken haben wir den Krankenkassen im Land Vorschläge unterbreitet, wie wir die Patientenversorgung trotz erschwerter Rahmenbedingungen auf dem derzeitigen Niveau garantieren könnten.
Die sogenannte Bedarfsplanung erfolgt derzeit nach den strengen Vorgaben des Gesetzgebers und nach dessen Vorstellungen gemeinsam durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen. Sie ist reformbedürftig, da Planwirtschaft allein keine neuen Ärzte kreiert. Für die nachwachsende Ärztegeneration sind konkrete Maßnahmen, die attraktivere Bedingungen schaffen, notwendig.
Eine aktuelle Umfrage der Universität Trier unter 11.462 Medizinstudierenden hat ergeben, dass für die junge Ärztegeneration eine Niederlassung zunächst genauso in Frage kommt wie eine Tätigkeit in der Klinik. Ausschlaggebend für eine Entscheidung sind letztlich die Rahmenbedingungen bei der Aus- und Weiterbildung sowie bei der Arbeit – ernst gemeinte Vorschläge zu einer zukunftsfähigen Lösung für die ärztliche und psychotherapeutische Versorgung müssen hier ansetzen. Die aktuellen 'Honorarzugeständnisse' des GKV-Spitzenverbandes von durchschnittlich 400 Euro pro Monat und Praxis sind angesichts der Komplexität der Probleme eine schallende Ohrfeige für alle, die sich um den Erhalt einer flächendeckenden wohnortnahen Versorgung bemühen.“
Zukunftsträchtige Versorgungsstrukturen etablieren
Der stellvertretende KV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Johannes Fechner, ergänzt: „In Baden-Württemberg hat die KVBW mit nachhaltiger Unterstützung der Krankenkassen im Lande begonnen, zukunftsträchtige Versorgungsstrukturen zu etablieren, wie beispielsweise das landesweite Netz von über 100 zentralen Notfallpraxen. Durch die Reform reduziert sich die belastende Dienstfrequenz für die meisten Ärzte deutlich. Eine solidarische Finanzierung ermöglicht zudem eine verbesserte Honorierung und schafft einen Ausgleich zwischen Stadt und Land.“
Metke und Fechner abschließend: „Unseren regionalen Vertragspartnern werden wir zeitnah unter dem Motto 'Zukunft braucht ein Ziel – die Ärzte und Psychotherapeuten für ein gesundes Baden-Württemberg' ein zusätzliches alternatives Versorgungskonzept zur Optimierung der ärztlich-psychotherapeutischen Versorgung auf dem Land und in städtischen Problemregionen vorstellen. Bei der Gelegenheit werden wir auch daran erinnern, dass auch im Kollektivsystem bereits Konzepte einer differenten Patientenversorgung vorliegen, die sich mit 'Was sich selektiv bewährt hat, kann kollektiv nur gut sein' zusammenfassen lassen.“