KVBW-Chef Metke lobt Kabinettsbeschluss zum Versorgungsstrukturgesetz und kritisiert GKV-Spitzenverband
KVBW-Vorstand Dr. Norbert Metke hat den Beschluss des Bundeskabinetts zum Versorgungsstrukturgesetz ausdrücklich begrüßt: „Wir sehen das Gesetz als einen seit langem notwendigen positiven Schritt, um wichtige Probleme in der künftigen Versorgungssicherung zu lösen. Vor allem freuen wir uns, dass die unverzichtbare Rolle des niedergelassenen Arztes und Psychotherapeuten sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen für die ambulante Versorgung hervorgehoben wird. Zudem gibt es eine Vielzahl von Ansätzen, die die Planbarkeit für den Arzt erhöhen, und die damit einen der wichtigsten Gründe für das Zögern der jungen Mediziner sich niederzulassen, abmildern. Nach Jahrzehnten der Planwirtschaft, die dazu geführt haben, dass die Ärzte sprichwörtlich weglaufen, ist jetzt erstmals ein Lösungsansatz erkennbar, der die Versorgung der Menschen in den Mittelpunkt stellt. Hierfür danken die Ärzte in Baden-Württemberg den Verantwortlichen.“
Metke stellte jedoch klar, dass aus seiner Sicht einige Nachbesserungen erforderlich sind. Gleichzeitig wehrte er sich gegen Versuche vor allem von Seiten des GKV-Spitzenverbandes und Teilen der Politik, die Ziele des Gesetzes zu torpedieren. "Das geht nur zu Lasten der Ärzte und damit der Patientenversorgung." Metke bezog sich dabei insbesondere auf die Äußerungen des GKV-Spitzenverbandvorstands Johannes-Magnus von Stackelberg. „Wer immer die Augen vor der Realität verschließt, der fährt auf kurz oder lang das System gegen die Wand.“ Metke stellte vor diesem Hintergrund noch einmal die wesentlichen Fakten zur derzeitigen Situation aus Sicht der KVBW zusammen:
Regionalisierung
Metke forderte die Bundesregierung entschieden auf, das bisherige Vorhaben, die Zuständigkeit für die Honorarpolitik wieder auf die Verhandlungspartner in den Regionen zu verlagern, weiter fortzuführen. Er beklagte, dass sich im Augenblick die Haltung von Teilen der Bundesregierung dazu geändert habe, wie aus einer Änderung des Referentenentwurfs zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz hervorgehe. „Die vergangenen Jahre seit der Honorarreform 2009 waren für die Ärzte in Baden-Württemberg eine einzige Katastrophe. Die zentral ohne Rücksicht auf die Gegebenheiten vor Ort gefassten Beschlüsse zur Honorarverteilung haben zu erheblichen Verwerfungen zwischen und innerhalb der Arztgruppen geführt, die die Versorgung der Patienten verschlechtert hat. Wir haben vor Ort gezeigt, wie pragmatische Lösungen gemeinsam mit den Krankenkassen gefunden werden können, die auf die Versorgungsschwerpunkte im Land eingehen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass nun ein Rückzieher in diesem Bereich vollzogen werden soll.“
Für Metke ist dies von besonderer Bedeutung für die Aufrechterhaltung der ambulanten Versorgung. „Von den Kassenärztlichen Vereinigungen wird zu Recht erwartet, dass sie im Rahmen der Sicherstellung die ambulante Versorgung gewährleisten. Aber dann muss uns auch Handlungsspielraum gegeben werden. Die Systematik der Vergütung, die Planbarkeit und Verlässlichkeit spielt hier eine besondere Rolle.“ Gleichwohl machte er deutlich, dass es auch einen Bereich geben müsse, der zentral in Berlin geregelt wird. „Wir haben in unserer Stellungnahme deutlich gemacht, dass es natürlich Bereiche gibt, die bundesweit einheitlich geregelt werden sollen: Dazu gehören Vorgaben zur Vergütung der Psychotherapeuten, zur Trennung zwischen den haus- und fachärztlichen Versorgungsbereichen und zur Bereinigung der Selektivverträge.“ Metke kündigte massiven Protest der Ärzteschaft in Baden-Württemberg an, sollte der bestehende Weg zur Zentralisierung nicht korrigiert werden.
Arztzahlen
Für den KVBW-Vorstand geht die Diskussion um Über- und Unterversorgung völlig an der Realität vorbei. Scharf griff er dabei den Spitzenverband der Krankenkassen in Berlin an. „Es ist leicht, ohne Kenntnis der Situation vor Ort, am Schreibtisch in Berlin Aussagen über die Verteilung der Arztsitze zu machen. Geradezu fahrlässig ist es, den Abbau von Arztsitzen zu fordern und damit die Versorgung zu gefährden. Wie jemand in einer Situation eines drohenden Ärztemangels noch den Abbau von Arztsitzen fordern kann, erschließt sich mir nicht.“
Es sei offensichtlich, dass es dem Spitzenverband der Krankenkassen nur darum geht, die hausgemachten Probleme seiner Mitglieder zu lösen. „Wenn es keine Ärzte mehr gibt, können die Patienten keine Leistungen mehr in Anspruch nehmen.“ Metke forderte die Politik auf, sich von der Argumentation der Kassen zu distanzieren. Enttäuscht zeigte sich Metke über die Äußerungen des CSU-Bundestagsabgeordneten Max Straubinger, der sich ebenfalls in diese Richtung geäußert hat. „Wer heute eine Honorarabsenkung für Ärzte und Psychotherapeuten fordert, der möge bitte den Mut haben, vor Ort zu den Ärzten zu gehen und ihnen zu erklären, warum ihre Honorare sinken sollen. Und warum die ärztliche Leistung unterschiedlich vergütet wird.“ Metke verwies darauf, dass schon heute die Vergütung aus Kassenleistungen nicht mehr für die Versorgung mit heutigem medizinischem Standard ausreicht, da die Ärzte bereits rund 20 Prozent ihrer Leistungen unvergütet erbringen. „Die Versorgung im GKV-Bereich ist nur noch durch Quersubvention aus anderen Einnahmen wie der Privatliquidation möglich.“
Umverteilung
Metke lobte die Politik dafür, dass sie in dem Referentenentwurf zum GKV-VSG darauf verzichtet hat, erneut in erheblichem Umfang Umverteilungen unter den Arztgruppen und den Regionen vorzunehmen, wie das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Umso enttäuschter sei er über Äußerungen von Gesundheitspolitikern aus dem Bund und Spitzenvertretern der Krankenkassen, in denen wieder gefordert wird, dass Honorar unter den Ärzten umverteilt werden soll. „Es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass wir vor allem auf dem Land auf eine problematische Situation in der Versorgung zusteuern. Also sollen die Ärzte auf dem Land gefördert werden. Im Referentenentwurf ist hierfür vorgesehen, dass dafür die Vergütung erhöht werden kann. Die Mittel dafür sollen aus einem gemeinsamen Fonds stammen, der zu gleichen Teilen von der KV und den Kassen getragen wird. Wenn nun aber gefordert wird, dass die Kosten von den KVen alleine getragen werden sollen, wehren wir uns entschieden. Es kann nicht sein, dass eine Berufsgruppe dafür verantwortlich gemacht wird, gesamtgesellschaftlich erforderliche Aufgaben allein zu tragen. In keinem anderen Bereich würde dies akzeptiert werden. In allen anderen Bereichen wird die Förderung des ländlichen Raums durch Fonds und öffentliche Programme durchgeführt, nur die Ärzte sollen das alleine tragen.“
Der KVBW-Chef forderte die Kassen, die weiter nach einer Umverteilung rufen, auf, eigene Vorschläge zu unterbreiten. „Sie sollten ein Rechenmodell vorlegen, wie über unterschiedliche Beiträge von Versicherten in den Städten und auf dem Land entsprechende Maßnahmen finanziert werden können. Der Beifall des Publikums wäre ihnen wie schon bei den Zusatzbeiträgen gewiss.“
Honorar
Metke stellte klar, dass sich aus den bisherigen Regelungen des Gesetzes leider keine unmittelbare Erhöhung der Honorare der Ärzte in Baden-Württemberg ergebe. „Es sind einige Regelungen vorhanden, deren Auswirkungen heute noch niemand genau berechnen kann. Das betrifft insbesondere die geplante ambulante spezialärztliche Versorgung, deren Leistungen außerhalb des Gesamtbudgets vergütet werden sollen. Aber bis dato ist völlig unklar, was hier genau kommen soll, welche Leistungen abgerechnet werden oder wie die Vergütung ist. Davon abgesehen sind Begriffe wie 'Ärzteversorgungsgesetz' o.ä., wie sie immer wieder durch die Medien geistern, eine bewusste Täuschung der Allgemeinheit.“
Metke abschließend: „Wer in der Politik und in Teilen der Krankenkassen weiterhin meint, sich mit Überregulierung und Disqualifizierung von Ärzten profilieren zu können, hat sich getäuscht.“ Die derzeitigen grotesken Diskussionen gingen zu Lasten der Patienten und Ärzte und würden weiter dazu führen, dass es im Krankenhaus und in der Niederlassung bald keine Ärzte mehr gibt. „Die Planwirtschaft der vergangenen Jahrzehnte hat einen erheblichen Beitrag dazu geleistet, dass wir heute auf einen Mangel an Ärzten zusteuern und damit die Versorgung der Patienten gefährden.“