Gegen den Kontrollwahn
„Wir kontrollieren uns im Gesundheitssystem zu Tode!“ Mit diesen deutlichen Worten entgegnete der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), Dr. Karsten Braun, den Forderungen des Sozialverbandes VdK nach schärferen Kontrollen von Ärzten bei der Vergabe von Terminen an Privatversicherte. „Wer glaubt, durch immer mehr Kontrollmechanismen zu besseren Ergebnissen zu kommen, der irrt gewaltig. Immer mehr Regelungen, immer mehr Bürokratie ersticken die handelnden Personen im Gesundheitssystem.“ Mit ernsten Konsequenzen. „Wir haben einen ungebremsten Trend hin zur Anstellung. Ein Grund dafür ist, dass immer mehr Ärztinnen und Ärzte sich dem Regelungswahn nicht mehr unterwerfen möchten.“
Braun weiter: „Unterschiedliche Sprechstunden für GKV- und Privatversicherte sind im Gesundheitssystem ausdrücklich vorgesehen. Der gesetzliche Versorgungsumfang für einen Arzt beträgt 25 Stunden pro Woche. Nahezu alle niedergelassenen Praxen bieten deutlich mehr Sprechstundenzeiten an und werden ihrem Versorgungsauftrag daher mehr als gerecht. Privatversicherte sind in einer Praxis elementar wichtig, da sie die Kassenversorgung quersubventionieren. Der größte Teil der Praxen könnte wirtschaftlich ohne die erhöhten Einnahmen aus der Behandlung der Privatpatienten wirtschaftlich nicht überleben.“
Gesetzlich vorgeschriebene Budgetierung
Braun verwies auch auf die gesetzlich vorgegebene Budgetierung. „Ich finde es hochgradig unfair, wenn den Praxen einerseits vorgeworfen wird, bei den Kassenpatienten Begrenzungen vorzunehmen, die aber gesetzlich so gewünscht sind. Wir als KV müssen den Praxen jedes Quartal ein Budget zuweisen. Da darf sich doch niemand beschweren, wenn die Praxen sich an das Budget halten und dann auch Behandlungen ablehnen oder verschieben, die über das Budget hinausgehen würden.“
90 Prozent der Bevölkerung ist gesetzlich versichert
Der KV-Vorstandsvorsitzende ergänzte: „Vielleicht hilft auch die einfache Mathematik. In Deutschland sind etwa 90 Prozent der Bevölkerung in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Wer also glaubt, dass eine andere Terminvergabe für 10 Prozent der Bevölkerung signifikante Auswirkungen auf die anderen 90 Prozent hätte, muss sich fragen lassen, wie das gehen soll.“ Braun abschließend: „Unsere Praxen haben es satt, immer für die Auswirkungen der Gesetzgebung geradestehen zu müssen.“