Knapp vorbei ist auch daneben

Das von der Bundesregierung vorgelegte Anti-Korruptionsgesetz ist aus Sicht der Ärzte und Psychotherapeuten in Baden-Württemberg in maßgeblichen Punkten nicht sachgerecht, realitätsfern und nicht akzeptierbar.

Das Anti-Korruptionsgesetz sollte daher im Rahmen der Beratungen des Rechtsauschusses und des parlamentarischen Verfahrens in wesentlichen Punkten den tatsächlichen Gegebenheiten und Notwendigkeiten des Gesundheitssystems in Deutschland angepasst werden.

Angehörige der Heilberufe unter den Generalverdacht

KVBW-Vorstandschef Dr. Norbert Metke sagte am Dienstag in Stuttgart: „Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Gefahr läuft, dass nicht nur Ärzte, sondern alle Angehörige der Heilberufe unter den Generalverdacht der Korruption gestellt werden. Die Ärzteschaft hatte seit jeher ein großes Interesse, die „schwarzen Schafe“ in den eigenen Reihen zu identifizieren und zu sanktionieren, denn sie schaden einem ganzen Berufsstand. Aber wegen einiger Weniger dürfen nicht alle Anderen kriminalisiert werden. Die Diskussion um Korruption hat dazu geführt, dass dem ganzen Berufsstand der Ärzte Misstrauen entgegengebracht wird, was wir für völlig unangemessen halten.“

Erhebliche Rechtsunsicherheit

Metke kritisierte den derzeitigen Gesetzentwurf konkret: „Obwohl das Gesetz nachgebessert wurde, besteht weiterhin eine erhebliche Rechtsunsicherheit darin, welches Verhalten, und damit insbesondere welche Formen gewünschter Kooperationen erlaubt und welche strafbar sind. Die Bundesregierung macht es sich zu einfach, wenn sie beispielsweise pauschal auf die Berufsausübungspflichten der Heilberufe verweist. Beinhalten die einzelnen Berufsordnungen doch eine Vielzahl an unterschiedlichen Regelungen, die unbedingt berücksichtigt werden müssen. Für die Ärzte und Psychotherapeuten ist zwingend klar zu regeln, welche der zahlreichen Kooperationen zwischen den Beteiligten im Gesundheitswesen von den Bestimmungen des Straftatbestandes ausdrücklich ausgenommen werden. Schließlich sind Kooperationen vom Gesetzgeber ausdrücklich gewünscht und werden zum Wohle der Versorgung des Patienten eingegangen.“ Metke weiter: „Erklärende Ausführungen hierzu in der Begründung zum Gesetz reichen bei der Vielfalt an Fallkonstellationen bei weitem nicht aus. Dies muss direkt im Gesetzestext verankert und klargestellt werden, um die Beteiligten vor kontinuierlicher Unsicherheit und prozessualen Auseinandersetzungen zu schützen.“

Metke betonte, dass die KVBW sich konstruktiv in das Gesetzgebungsverfahren einbringen wird. „Wir haben ein großes Interesse daran, eine faire und praxistaugliche Regelung im Gesetz zu verankern. Wir warnen aber ausdrücklich davor, ein solches Gesetz ohne weitere Konkretisierungen und gegen die Empfehlung aller Experten durchzupauken. Es würde später Schiffbruch erleiden und der damit verbundene Schaden wäre immens.“