Frühe Nutzenbewertung

Neue Arzneimittel – auf den Zusatznutzen kommt es an

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Aufgabe, alle neuen Arzneistoffe sofort nach Markteinführung mit bewährten Therapiealternativen zu vergleichen. Den Auftrag zu dieser frühen Nutzenbewertung erhielt der G-BA Anfang 2011 mit dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG).

Nutzenbewertungsverfahren des G-BA

  • Pharmazeutischer Unternehmer reicht Dossier beim G-BA ein (spätestens mit Markteinführung)
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bewertet,
    G-BA veröffentlicht vorläufiges Ergebnis (nach drei Monaten)
  • G-BA fasst Beschluss zur Nutzenbewertung (nach weiteren drei Monaten)

In einem nächsten Schritt wird zwischen GKV-Spitzenverband und pharmazeutischem Unternehmer ein Erstattungsbetrag festgelegt. Diese Verhandlungen sind spätestens sechs Monate nach dem G-BA-Beschluss abzuschließen.

Frühe Nutzenbewertung – Übersicht der Wirkstoffe des G-BA

Auf der Homepage des G-BA finden Sie eine Übersicht der Arzneimittel, für die eine Nutzenbewertung nach § 35a SGB V läuft oder bereits abgeschlossen ist, mit den für das Verfahren relevanten Unterlagen und dem aktuellen Bearbeitungsstatus.

Seit 1. Oktober 2020 sind Informationen zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln im Praxisverwaltungssystem (PVS) hinterlegt. Das sogenannte Arzneimittel­informations­system (AIS) besteht aus Kurzversionen der Nutzenbewertungsbeschlüsse, die vom
G-BA entsprechend aufgearbeitet sind. Zunächst sind die seit Juli 2020 gefassten Beschlüsse (einschließlich der tragenden Gründe) enthalten. Ältere Beschlüsse werden nach entsprechender Aufarbeitung durch den G-BA (in Kurzform) sukzessive ins PVS aufgenommen. Gesetzliche Grundlage für das AIS ist die Elektronische-Arznei­mittel­informationen-Verordnung (EAMIV), die am 3. August 2019 in Kraft getreten ist.

Nachforderungsrisiko bei neuen Medikamenten

Die Kranken­kassen sehen die Verordnung eines Arznei­mittels ohne Zusatz­nutzen, dessen Preis über dem vergleichbarer Medikamente liegt, als unwirtschaftlich an. Das kann zu Nachforderungen führen. Auch Medikamente mit geringem oder un­bestimm­barem Zusatz­nutzen können als unwirtschaftlich gelten, falls sie teurer sind als eine zweckmäßige Vergleichs­therapie. Weil der Erstattungspreis eines Arzneimittels in der Regel unter dem Einführungspreis liegt, empfehlen wir, Medikamente, die noch keinen Erstattung­spreis haben, bis zur Festlegung des Erstattungsbetrags äußerst zurück­haltend zu verordnen.

Preisverhandlungen

Das Ausmaß des Zusatz­nutzens eines Arzneimittels beeinflusst seinen Erstattungspreis. Der G-BA unterscheidet vier Stufen: erheblicher, beträchtlicher, geringer und nicht quantifizierbarer Zusatznutzen. Kann der Pharmaunternehmer keinen Zusatznutzen nachweisen, ordnet der G-BA das Arzneimittel einer Festbetragsgruppe zu. Für Arzneimittel, für die kein Zusatznutzen festgestellt werden konnte und die keiner Festbetragsgruppe zugeordnet werden können, wird ein Erstattungsbetrag vereinbart, der nicht über dem der zweckmäßigen Vergleichstherapie liegt. Hat der G-BA einen Zusatznutzen festgestellt, verhandeln Krankenkassen und Hersteller den Erstattungs­betrag. Erzielen sie keine Einigung, entscheidet eine Schiedsstelle.

Vertragliche Regelungen zu Praxisbesonderheiten möglich

Die Erstattungsbetragsvereinbarung mit den Krankenkassen kann auch vorsehen, dass das entsprechende Arzneimittel im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen als sogenannte bundesweite Praxisbesonderheit anerkannt wird. Mehr dazu unter Praxisbesonderheiten.