Frühe Hilfen

Vernetzung und Prävention fürs Kindeswohl

2007 hat das Bundes­familien­ministerium als Antwort auf Fälle von Miss­handlungen und Kinds­tötungen in Deutschland das Aktionsprogramm „Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und soziale Frühwarnsysteme" ins Leben gerufen.

Zum Schutz der Kinder ist eine enge Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Gesundheits­wesen wesentlich. Kinder-, Haus- und Frauenärzte sind oft die ersten und einzigen Fachkräfte, die Kinder im Alter von null bis drei Jahren oder schon während der Schwanger­schaft auf ihre gesunde Entwicklung hin untersuchen können.

An der Schnittstelle Jugendhilfe – Gesundheitshilfe setzt das im September 2010 begonnene Projekt bei der KVBW an (Projektflyer Frühe Hilfen): Primäres Projektziel ist es, die Zusammenarbeit von Vertragsärzten und Mitarbeitern der Öffentlichen Jugendhilfe sowie anderen Unterstützungs­anbietern zu verbessern. Das Projekt wird getragen von der Idee, die vorhandene Struktur der ärztlichen Qualitätszirkel zu nutzen. Inzwischen gibt es 37 aktive interprofessionelle Qualitätszirkel Frühe Hilfen in Baden-Württemberg: QZ-Landkarte Frühe Hilfen.

Ziele des Projekts sind im Einzelnen:

  • bessere Kooperation und Kommunikation zwischen Jugendamtsmitarbeitern einerseits und Ärzten sowie Psychotherapeuten andererseits
  • gemeinsame Fälle interdisziplinär besprechen
  • bessere Bereitschaft zur frühzeitigen Hilfeannahme bei Patienten
  • Entwicklung von verbindlichen Kooperations­verfahren
  • Gründung neuer interdisziplinärer Qualitätszirkel
  • zunehmende Vernetzung aller regionalen Hilfsangebote im Bereich Frühe Hilfen
  • Projektansatz auf ganz Baden-Württemberg und weitere KVen in Deutschland zu übertragen

Das Projekt wurde in der Modellphase vom Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) in Köln finanziert. Inzwischen fördert das Bundes­ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der Bundes­initiative Frühe Hilfen das Projekt als überörtliche Maßnahme in Baden-Württemberg.

Das Programm wird wissenschaftlich begleitet und erfährt sozialpolitisch auf breiter Ebene Unterstützung. Die im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung entwickelte Dramaturgie „Vernetzung Früher Hilfen mit Qualitätszirkeln (Familienfallkonferenz)” wurde im Handbuch Qualitätszirkel der KBV aufgenommen.

Teilnahme an der Vereinbarung Frühe Hilfen (Ärzte)

KVBW, BKK Landesverband Süd und kommunale Spitzenverbände haben zum 1. Oktober 2014 die Vereinbarung Vernetzung Frühe Hilfen gestartet. Ziel der Vereinbarung ist die Verbesserung der Zusammenarbeit in der Prävention und im frühen Kinderschutz. Das Baden-Württemberg weite Netz an interdisziplinären, vertragsärztlichen Qualitätszirkeln „Frühe Hilfen“ soll dazu beitragen, belastete Familien schneller zu identifizieren und die passgenaue Hilfestellung anzubieten.

Teilnahmeberechtigt

  • Hausärzte
  • Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin
  • Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
  • an der psychotherapeutischen Versorgung teilnehmende Vertragsärzte
  • Vertragspsychotherapeuten
  • Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie,
  • Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
  • Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie

Teilnahmevoraussetzung ist eine eintägige Schulung und die Teilnahme an einem Qualitätszirkel Frühe Hilfen. Teilnehmer werden für die Erhebung des psychosozialen Hintergrunds anhand eines speziellen Kriterienkatalogs geschult und erlernen motivierende Gesprächstechniken.

Extrabudgetäre Vergütung

Pseudo-GOP 99615

10 Euro für die Identifikation von Familien in besonders belastenden Situationen einmal im Krankheitsfall, Kind bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres (Pseudo-GOP 99615). Die Regelung gilt sinngemäß auch für Schwangere.

Dies beinhaltet als auslösende Leistung:
  • Erhebung des psychosozialen Hintergrunds
  • Beobachtung und Bewertung der Eltern-Kind-Beziehung
  • Einbeziehung prognostischer sowie entwicklungsabhängiger, familiendynamischer Faktoren
  • Prüfung der Anwendbarkeit Früher Hilfen

Pseudo-GOP 99616

20 Euro für das Führen eines gegebenenfalls daran anknüpfenden, zur Hilfeannahme im Jugendhilfesystem motivierenden Elterngespräches. Dauer mindestens 10 Minuten, bis zu dreimal im Krankheitsfall pro Kind bis zum vollendeten dritten Lebensjahr durchführbar (Pseudo-GOP 99616). Die Regelung gilt sinngemäß auch für Schwangere.

Dies beinhaltet als auslösende Leistung:
  • Allgemeine Informationen über Hilfsangebote im Rahmen der Frühen Hilfen (ggfs. Ausgabe von Infomaterial)
  • Anwendung von motivierenden Gesprächstechniken (Beratungsalgorithmus),
  • Dokumentation in der Patientenakte

Ausschlusskriterien:

  • Gleichzeitige Abrechnung der GOP 04355 in derselben Sitzung
  • Zusammenfassung von Gesprächen mit mehreren/anderen Eltern/Schwangeren
  • parallele privatärztliche Abrechnung der Leistungen

Teilnahmeerklärung und Informationen für Versicherte

Hier finden Sie Teilnahmeerklärungen und Informationen für Versicherte der an der Vereinbarung teilnehmenden Krankenkassen (BKK Landesverband Süd, Knappschaft, SVLFG).

Die KVBW hat für dieses Projekt in ihrer Bezirksdirektion Reutlingen eine Koordinationsstelle eingerichtet (Projektflyer Frühe Hilfen).

Die Aufgaben der Koordinationsstelle sind:

  • Organisation und Durchführung der Tandemschulungen,
  • Fortbildungsveranstaltungen und Supervision
  • Konzeptionelle Weiterentwicklung des Vernetzungsmodells
  • Kontakt- und Informationsvermittlung bei Anfragen von Vertragsärzten und nichtärztlichen Hilfesystemen
  • Unterstützung von Jugendämtern bei der Zusammenarbeit mit Vertragsärzten und Psychotherapeuten
  • Unterstützung der Vertragsverhandlungen
  • Zusammenstellen von Arbeitsmaterialien zur Unterstützung von Qualitätszirkeln
  • Mitarbeit in fachlichen und sozialpolitischen Gremien
  • Öffentlichkeitsarbeit auf Landes- und Bundesebene

Großer Präventionspreis 2015 – Auszeichnung des Vernetzungs-Projektes Frühe Hilfen der KVBW

„Von Geburt an wird allen Menschen in Baden-Württemberg ein gesundheits­förderliches Aufwachsen und Leben ermöglicht.” Unter diesem Motto stand diesmal der zum dritten Mal ausgeschriebene Große Präventions­preis Baden-Württemberg.

40 Projekte hatten sich beworben. Ein Schwerpunkt der gesuchten Handlungs­ansätze war: Netzwerkbildung mit anderen Partnern der Gesundheits­förderung und Prävention. Die KVBW wurde  zusammen mit 14 anderen Projekten für vorbildliche Arbeit in der Prävention durch den Aufbau ihrer Vernetzungs­strukturen aus­gezeichnet.