Offener Brief zu Arzneimittelregressen gegen Ärzte, Verordnung von rabattierten Impfstoffen

Sehr verehrte Frau Kollegin,
sehr geehrter Herr Kollege,

ich erlaube mir aus aktuellem Anlass unmittelbar an Sie heranzutreten.

Mit Genugtuung nehmen wir Ärzte zur Kenntnis, dass es erstmals nach Jahren einer strengsten Budgetierungspolitik gegen Ärzte und damit auch Unterversorgung aus Verschreibungsangst gelungen ist, u. a. durch das AMNOG (Arzneimittelneuordnungsgesetz) sowie das GKVVersorgungsstrukturgesetz die Regressverfahren gegen Ärzte deutlich zu reduzieren. So fielen für das Jahr 2010 nur 13 Arzneimittelregresse bei 17.000 Ärzten in Baden-Württemberg an. Es war stets unser Anliegen, dass wir als Ärzte für die Rezeptur und für die Versorgung des Patienten zuständig zeichnen, es aber den Kostenträgern und die Rahmenbedingungen der Politik obliegt, hierfür die erforderlichen Mittel, auch unter Regulierung des sogenannten Marktes, zur Verfügung zu stellen.

Seit Jahren verwehrt sich die Ärzteschaft gegen die Regresse in der Arznei- und Heilmittelversorgung, da sie nicht bereit ist, die Versorgung der Patienten auch nur in Teilen selbst zu tragen. Angesichts einer diskussionswürdigen Vergütung ärztlicher Leistung im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Verantwortungsträgern und den Gewinnen, die im Pharmabereich anderweitig anfallen, ist diese mehr als berechtigt.

Wir lehnen daher Versuche (von wem auch immer) entschieden ab, diese für die Ärzteschaft erstmals günstigen Rahmenbedingungen zu ändern und die Ärzteschaft erneut in die Zuständigkeit für die Gewinne anderer im Pharmakobereich wieder verantwortlich werden zu lassen.

Aktuell sorgt die Verordnung von Impfstoffen für anhaltende Diskussionen in der Ärzteschaft. Grund ist die Aufforderung des Landesapothekerverbandes an seine Mitglieder, der zwischen der KVBW und den Krankenkassen vereinbarten Verordnungsweise zu rabattierten Impfstoffen ("Impfstoff gegen") nicht nachzukommen. Der Landesapothekerverband geht im Übrigen auch rechtlich gegen diese Vereinbarung vor. Die Vereinbarung mit den Krankenkassen hatte zum Ziel, Ihnen den Umgang mit den Rabattverträgen zu erleichtern.

Eine abschließende Klärung dieser Auseinandersetzung steht noch aus. Selbstverständlich haben Sie die Möglichkeit, bei Unklarheiten über den Verordnungsmodus diese unmittelbar mit dem Apotheker zu klären und ggf. Verordnungen unter namentlicher Nennung des rabattierten Impfstoffes vorzunehmen.

Wir erlauben uns darauf hinzuweisen, dass Sie in medizinisch zu begründenden Ausnahmefällen nicht-rabattierte Impfstoffe verordnen können.

Wir werden Sie weiter über den Fortgang informieren.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. Norbert Metke
Vorsitzender des Vorstandes