Lernen an Patientenfallbesprechungen

Fast jeder dritte Arzt oder Psychotherapeut in Baden-Württemberg setzt auf den moderierten Erfahrungsaustausch mit Kollegen in Qualitätszirkeln

Ärztliche Qualitätszirkel (QZ) sind in der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr wegzudenken. Das vor zwanzig Jahren eingeführte Instrument der Qualitätssicherung und -entwicklung hat sich etabliert. Davon profitiert nicht zuletzt der Patient. Die Evaluation 2011 bietet interessante Einblicke in die Qualitätszirkelarbeit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW).

Der Patient kann sich sicher sein: Die vom niedergelassenen Arzt oder Psychotherapeuten erbrachten Leistungen sind qualitätsgeprüft. Weit gefehlt, wer bei Qualitätssicherung nur an die stichprobenartige Überprüfung von ärztlicher Dokumentation oder Apparaten denkt. Zu den Instrumenten gehören auch regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen, wozu auch der moderierte Austausch mit Kollegen in Qualitätszirkeln zählt.

900 aktive Qualitätszirkel im Land

Die freiwillige Evaluation der Arbeit am Patienten in Qualitätszirkeln gilt als eine der aussichtsreichsten Methoden der Qualitätssicherung. Umso erfreulicher ist es, dass das Interesse daran Jahr für Jahr zunimmt. 2011 ist die Zahl um weitere sechs Prozent gestiegen. Aktuell sind knapp 900 Qualitätszirkel mit durchschnittlich neun Teilnehmern aktiv. Die Kassenärztliche Vereinigung fördert anerkannte Qualitätszirkel mit Aufwandspauschalen für die Moderatoren. Außerdem sorgt sie mit einem Fortbildungsangebot für neue Impulse in der Zirkelarbeit. Um als förderungswürdiger Qualitätszirkel anerkannt zu werden, müssen einige Regeln eingehalten werden: So müssen mindestens vier Qualitätszirkelsitzungen pro Jahr statt finden. Auch die Gruppengröße ist definiert: Als ideal gelten neun Teilnehmer. Es sollten jedoch mindestens fünf und höchstens zwanzig Ärzte oder Psychotherapeuten einschließlich Moderator sein. Ein eigens dafür qualifizierter QZ-Moderator leitet die Sitzung und sorgt für einen strukturieren Ablauf. Die Ergebnisse werden zu Protokoll gebracht und den Teilnehmern anschließend zur Verfügung gestellt.

Erfahrungsaustausch unter Spezialisten

Die Hausärzte, dicht gefolgt von den Psychotherapeuten, bestreiten die meisten Qualitätszirkel. Gemessen an der Grundgesamtheit sind die Psychotherapeuten sogar unangefochtener Spitzenreiter. Warum auf 1000 Psychotherapeuten doppelt so viel Qualitätszirkel wie auf 1000 Ärzte kommen, erläutert der Vorstandsvorsitzende, Dr. Norbert Metke: „Bei Hausärzten und Psychotherapeuten steht die sprechende Medizin im Mittelpunkt. Mit dem Anteil an sprechender Medizin scheint auch das Bedürfnis nach und der Nutzen von kollegialem Wissensaustausch zu wachsen. Aber auch ein breites Spektrum von Fachärzten profitiert von Qualitätszirkeln. Auffallend ist der Trend sich in spezialisierten Zirkeln zu Themen wie ADHS auszutauschen.“

Am häufigsten bleiben die Fachgruppen in den Zirkeln unter sich. Interdisziplinäre Zirkel, mit Teilnehmern aus unterschiedlichen Fachrichtungen, sind in der Minderzahl. Innerhalb des Projekts "Frühe Hilfen", der Vernetzung zum Schutz von Kleinkindern, sind sektorenübergreifende Zirkel ein zentrales Instrument. QZ-Moderatoren der KVBW wurden hierfür gemeinsam mit Mitarbeitern von Jugendämtern darin geschult, in Form von Tandems Familienfallbesprechungen durchzuführen.

Die Management Akademie der KVBW bildet die QZ-Moderatoren aus. 92 Moderatoren sind im vergangenen Jahr neu dazu gekommen. Metke abschließend: „Wir unterstützen Qualitätszirkel, weil sie den teilnehmenden Ärzten und Psychotherapeuten eine einzigartige Gelegenheit bieten, ihre eigene Tätigkeit kritisch zu überprüfen und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Der kollegiale Diskurs optimiert die medizinische Versorgung der Patienten nachhaltig.“