Ein Herz für den Zappelphilipp

Vier Jahre interdisziplinäre Versorgung von Kindern mit ADHS in Baden-Württemberg.

Zum 1. April 2009 ist das Konzept zur "qualitätsgesicherten Versorgung von Patienten mit Aufmersamkeits­defizitsyndrom oder -Hyperaktivitätssyndrom (AD [H]S)" zunächst in Baden-Württemberg umgesetzt worden. Vier Jahre danach ziehen die Vertragspartner eine positive Bilanz.

Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) war 2009 die erste, die das innovative Versorgungsmodell für hyperaktive Kinder aus der Vertragswerkstatt der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) beherzt umsetzte. Vertragspartner der ersten Stunde waren neben der KBV die regionalen Betriebskrankenkassen. Seit 2012 ist auch die DAK Gesundheit dabei.

Susanne Lilie, Geschäftsführerin der KVBW, die wesentlich an der Entwicklung des Vertrages beteiligt war, blickt zurück: „Das Konzept hat uns von Anfang an überzeugt. Die Krankheit sollte schneller erkannt, Wartezeiten auf Therapieplätze minimiert werden, Doppeluntersuchungen und stationäre Einweisungen vermieden. Wir freuen uns, dass sowohl die Patienten als auch die teilnehmenden Ärzte und Psychotherapeuten den Vertrag so gut angenommen haben. Heute arbeiten insgesamt 212 Kinder- und Jugendpsychiater, Kinder- und Jugendärzte sowie Psychotherapeuten in 45 Teams zusammen.“

Lilie erläuterte den Ablauf „Jeder Arzt oder Psychotherapeut, der am Vertrag teilnimmt, ist in einem Team eingebunden, dem mindestens ein Kinder- und Jugendarzt, ein Kinder- und Jugendlichenpsychiater und ein Psychotherapeut angehören. Die Teilnehmer tauschen sich fachlich aus, sodass die Patienten abgestimmt zwischen den beteiligten Berufsgruppen behandelt werden. Und ganz wesentlich werden auch Eltern und andere Beteiligte wie Schulen und Kindergärten in die Behandlung eingebunden.“

Dass mit der integrativen Vernetzung von Fachärzten und Psychotherapeuten die Therapie von ADHS-Patienten nachweislich verbessert werden konnte, belegt nun eine Evaluation Nach knapp vierjährigem Bestehen hat die Philipps-Universität Marburg den Vertrag unter 228 AD(H)S-Patienten in Baden-Württemberg im Zeitraum von Oktober 2010 bis Februar 2013 ausgewertet. Die Symptome aller Betroffenen haben sich im Verlauf der Therapie verbessert. Aus Sicht der ambulant tätigen Ärzte und Psychotherapeuten trägt der Vertrag entscheidend zu einer Veränderung der Patientenversorgung bei. Sie beurteilen die verbesserte Kooperation untereinander übereinstimmend positiv und begrüßen die Einführung und Finanzierung von Elterntrainings.

Rund 2.180 Kinder und Jugendliche sind mittlerweile in dem Vertrag eingeschrieben. Besonders erfreulich ist, wie vielfältig die Behandlungsmöglichkeiten geworden sind. Kaum ein Patient muss rein medikamentös therapiert werden. Das Versorgungskonzept galt als wegweisend und seiner Zeit voraus. Erst kürzlich ist mit Bremerhaven eine weitere Region dazu gekommen. Für die jugendlichen Patienten bleibt zu hoffen, dass das baden-württembergische Beispiel bald überall Schule macht.