Prekäre hausärztliche Versorgungssituation im Ostalbkreis entschärft
Der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) ist es gelungen, die besonders prekäre hausärztliche Versorgungssituation im Ostalbkreis zu entschärfen. Das geht aus der neuen Bedarfsplanung der KVBW hervor.
Die Bedarfsplanung wird drei Mal jährlich vom zuständigen Landesausschuss, einem gemeinsamen Gremium aus Vertretern der Ärzte- und Psychotherapeutenschaft sowie den Krankenkassen, aufgestellt. Sie weist nach einer bundesweit vorgegebenen Systematik Versorgungsgrade für einzelne Fachgruppen und Regionen aus. Im Oktober 2022 hatte der Landesausschuss zum ersten Mal in Baden-Württemberg im Bereich „Schwäbischer Wald“ im Ostalbkreis eine hausärztliche Unterversorgung festgestellt. Diese liegt vor, wenn die Versorgung vor Ort prekär ist und keine Aussicht besteht, dass sich die Situation durch Maßnahmen wie Förderungen oder Beratung verbessert. Diese Unterversorgung konnte nun aufgehoben werden.
„Unserem Sicherstellungsteam ist es gemeinsam mit anderen Akteuren gelungen, neue Ärztinnen und Ärzte für die Ansiedelung in dieser Region zu gewinnen, so dass die Versorgungssituation stabilisiert werden konnte“, so der KVBW-Vorstandsvorsitzende Dr. Karsten Braun. „Besonders möchte ich dabei die Rolle des Landkreises und der Kommunen sowie der Ärzteschaft vor Ort hervorheben, die sich mehr als vorbildlich engagiert haben.“ Braun weiter: „Die KVBW hat im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrages die ihr möglichen Instrumente genutzt, um die Situation zu verbessern. So sind insgesamt mehr als eine Million Euro an Fördermaßnahmen in dieses Gebiet geflossen. Die Hälfte davon bezahlen die Ärztinnen und Ärzte aus ihren Honoraren, die andere Hälfte tragen die Krankenkassen.“
Genossenschaftliches MVZ gegründet
Seine Vorstandskollegin Dr. Doris Reinhardt betont: „Deutlich ist dabei geworden, dass die KVBW einer solchen Problemlage nicht alleine begegnen kann. Nur durch das enge Zusammenspiel mit der Ärzteschaft vor Ort und dem Engagement von Bürgermeistern und dem Landkreis ist es gelungen, die Versorgung zu verbessern.“ Konkret wurde ein genossenschaftliches Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) gegründet, in dem zusätzliche Ärzte beschäftigt werden konnten. Weiter habe die KVBW in die Weiterbildung investiert, so dass Ärztinnen und Ärzte gefunden wurden, die ihren Praxisteil auf dem Weg zum Facharzt für Allgemeinmedizin in einer Praxis in diesem Gebiet absolviert haben. Aus diesem Kreis konnten wiederum neue Ärzte für dieses Gebiet gewonnen werden. „Wir haben dort jetzt einen Kreis an Hausärztinnen und -ärzten, deren Altersdurchschnitt deutlich unter dem des Landes insgesamt liegt. Zwar bleibt die Versorgungssituation vor Ort angespannt, aber wir sind zuversichtlich, dass wir einen soliden Grundstein auch für die Zukunft gelegt haben.“
Versorgungslage in Baden-Württemberg weiterhin angespannt
Insgesamt zeigt sich aus dem Bedarfsplan, dass die Versorgungslage in Baden-Württemberg weiter angespannt bleibt. Landesweit fehlen rund 1.000 Hausärztinnen und -ärzte. Auch in fachärztlichen Gebieten gibt es inzwischen prekäre Kreise. So ist weiterhin der Landkreis Schwäbisch-Hall für die hautärztliche Versorgung als unterversorgt ausgewiesen, ebenso die Region Nordschwarzwald für die Kinder- und Jugendpsychiater. Mit dem Landkreis Rottweil wurde erstmals auch eine Unterversorgung für die Kinder- und Jugendärzte festgestellt.
„Die KVBW unternimmt enorme Anstrengungen, um die Versorgung vor Ort auch weiterhin sicherzustellen. Neben Fördermaßnahmen, intensiver Unterstützung der Mitglieder, umfassenden Beratungsangeboten und innovativen Versorgungsmodellen arbeiten wir eng mit allen Akteuren zusammen und versuchen, individuelle Lösungen vor Ort zu finden. Mit der Reform des Bereitschaftsdienstes erhöhen wir noch einmal die Attraktivität für Ärztinnen und Ärzte, in der ambulanten Versorgung tätig zu werden und eine Praxis zu übernehmen“, erläutert Braun. „Wir stoßen aber immer wieder an unsere Grenzen. Das Gesundheitssystem ist überbürokratisiert, die wirtschaftliche Situation der Praxen wird schwieriger. Leider hat die Gesundheitspolitik in den letzten Jahren wenig bis nichts für die Verbesserung der Rahmenbedingungen in der ambulanten Versorgung getan. Umso mehr freuen wir uns, dass wir eine neue Gesundheitsministerin haben, die nicht im Auto-Pilot-Modus unterwegs ist, sondern zuhört, Verständnis für die Probleme der Praxen hat und aufgeschlossen für Argumente und Lösungsansätze ist.“
Der Gesetzgeber hat vorgegeben, dass die Zahl der ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte aus Kostengründen begrenzt werden soll. Das dahinterliegende Regelwerk ist bundesweit einheitlich, der sich daraus ergebende Bedarfsplan wird in Baden-Württemberg drei Mal im Jahr vom zuständigen Landesausschuss aufgestellt. Darin fließen die Einwohnerzahl und andere, für die Versorgung relevante Faktoren mit ein. Die KVBW hat ein umfassendes Förderprogramm und viele andere Maßnahmen erarbeitet, mit der sie schon frühzeitig auf eine prekäre oder sich anbahnende prekäre Versorgungssituation reagieren kann, um eine Unterversorgung zu vermeiden. Wird die Unterversorgung dann doch festgestellt, greifen zusätzliche Maßnahmen.