Schlag ins Gesicht der Ärzte und der Mitarbeiter in den Praxen

GKV-Spitzenverband ohne Verständnis für die Versorgungsrealität

Der Bewertungsausschuss auf Bundesebene hat gestern die Erstattung der seit Jahren angestiegenen Hygienekosten sowie der Aufwände für die Digitalisierung in den Praxen verweigert. Für den Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), Dr. Norbert Metke, ist das „mitten in der dritten Welle der Corona-Pandemie ein Schlag ins Gesicht der niedergelassenen Ärzte und ihrer Mitarbeiter in den Praxen.“

GKV-Spitzenverband lehnt Beitrag für Patientenversorgung ab

Metke sagte: „Wir sind bitter enttäuscht, dass der GKV-Spitzenverband damit seinen Beitrag für die Aufrechterhaltung der Qualität der Patientenversorgung in den Praxen ablehnt.“ Die Krankenkassen hatten für die Hygienemaßnahmen wenige Hundert Euro pro Praxis pauschal vorgesehen, für die Kosten der Digitalisierung gar keinen Beitrag. Als Vorsitzender der KVBW und damit Vertretung von 23.000 niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten, in deren Praxen über 70.000 Mitarbeiter beschäftigt sind und 60 Millionen Behandlungen pro Jahr vorgenommen werden, warf er den Kassenvertretern in Berlin fehlendes Verständnis für die Versorgungsrealität vor.

Fehlendes Bewusstsein für die Lage im Land

„Der Spitzenverband der Krankenkassen agiert fern der Bedürfnisse seiner rund 70 Millionen Versicherten im Land. Er weiß schlechthin nicht mehr, was im Lande abgeht. In den Praxen unserer Mitglieder werden 90 % der COVID-19-infizierten Menschen im Lande ambulant versorgt. Medizinisches Personal ist die am zweithäufigsten berufsbedingt an COVID erkrankte Berufsgruppe. Hygiene ist einer der wesentlichen Maßnahmen, um die Pandemie zu bekämpfen. Es stimmt schon nachdenklich, wenn Unterstützung für den Hygieneaufwand verweigert wird.“ Metke weiter: „Es kann auch nicht sein, dass die Praxen die Kosten für den Digitalisierungsaufwand selbst tragen müssen. Die Vertreter der Kassen haben schlichtweg keine Ahnung über die Organisation in den Praxen. Das zeigt sich darin, dass die Kosten der Digitalisierung aus deren Sicht durch Einsparungen in den Praxen gegenfinanziert werden könnten. Was dabei fehlt: Einsparungen. Für die Praxen bedeutet das im Gegenteil Mehrarbeit.“

Der KVBW-Chef abschließend: „Auch in Corona Zeiten ist es unser ethischer Anspruch, solidarisch zu helfen. Mehr als bedauerlich ist es, dass sich die Kassen-Fürsten in Berlin daraus anscheinend zurückziehen. Wir laufen Gefahr, dass die Ärzte zu der Erkenntnis gelangen, dass Solidarität eine Einbahnstraße ist.“ Aus seiner Sicht zeigt dieses Verhalten ein weiteres Mal, dass künftig stärker auf eine regionale Struktur und Vergütung der Gesundheitsversorgung gesetzt werden muss.