KVBW kritisiert Bundestagsentscheidung zu Ersteinschätzungsrichtlinie

Patientensteuerung muss in die richtige Versorgungsebene führen

Mit großem Unverständnis und deutlicher Kritik hat der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg die heutige Entscheidung des Deutschen Bundestages für eine Ersteinschätzungsrichtlinie kommentiert. Mit dieser Richtlinie sollte eigentlich eine Grundlage dafür geschaffen werden, wie Patientinnen und Patienten ihren Beschwerden bzw. ihrem Behandlungsbedarf entsprechend in die richtige Versorgungsebene, also etwa Notaufnahme, Notfallpraxis oder niedergelassene Haus- oder Facharztpraxis gesteuert werden können.

Entlastung der Notaufnahmen wird konterkariert

Der KVBW-Vorstandsvorsitzende Dr. Karsten Braun dazu: „Wir begrüßen das Vorhaben an sich. Aber völliges Unverständnis herrscht bei uns, dass bei Patientinnen und Patienten, die ungesteuert eine Krankenhausnotaufnahme aufsuchen, die Option einer Weiterleitung in die ambulante Regelversorgung nun nicht mehr vorgesehen ist. Das konterkariert sämtliche Bemühungen der vergangenen Jahre um eine Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser.“

Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVBW, Dr. Doris Reinhardt, ergänzte: „Eine der heftigsten Klagen im Gesundheits­wesen der vergangenen Jahre bestand darin, dass die Notaufnahmen zu stark belastet sind und von Patientinnen und Patienten aufgesucht werden, die nicht die Ressourcen einer Notaufnahme benötigen. In der Konsequenz sind die ärztlichen und nicht-ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter völlig überlastet. Außerdem fehlen dann die Ressourcen, um die wirklichen Notaufnahme-Patientinnen und -Patienten schnell und adäquat zu versorgen.“ Mit der Richtlinie, wie sie heute verabschiedet wurde, würden die Notaufnahmen, konkret die dort arbeitenden Ärztinnen und Pflegekräfte, nun weiter belastet.

Bundespolitik verkennt die Versorgungsrealität vor Ort

Reinhardt weiter: „Da stellt sich dann schon die Frage: Was soll das? Das ist nicht mehr nachvollziehbar. Schade, dass die Berliner Politik sich weigert, sich mit der Versorgungsrealität vor Ort zu befassen. Zwingend erforderlich wäre es gewesen, dass die Patientensteuerung auch in die Regelversorgung und nicht nur in die Notfallpraxen möglich ist.“ Für Ihren Vorstandskollegen Dr. Braun ist damit eine wichtige Chance für eine bessere Versorgung vertan worden. „Gerade für die Patientinnen und Patienten wäre das wichtig gewesen. Denn ihnen wird kein Gefallen getan, wenn sie aufgrund der Richtlinie in der jetzt vorgesehenen Fassung zu den Öffnungszeiten der Praxen in der Regelversorgung nicht mehr an diese verwiesen werden können, sondern dann letztlich doch in Krankenhausnotaufnahmen verbleiben müssen.“

Für den Vorstand wird es im Sinne der Versorgung eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre sein, eine Steuerung in die richtige Versorgungsebene zu organisieren. Reinhardt abschließend: „Die politische Zusage an die Bürgerinnen und Bürger einer Patientensteuerung nach erfolgter Ersteinschätzung zur richtigen Zeit am richtigen Versorgungszeitpunkt bedeutet auch die verbindlich gesteuerte Versorgung in die haus- und fachärztlichen Praxen.“