Spielmacher gesucht

KVBW-Vorstand sieht Budgets für Ärzte in Zeiten des Ärztemangels als Eigentor

„Wer nicht in der Lage ist, seine Taktik zu ändern, wenn ein Spiel nach dem anderen verloren geht, der wird auch in Zukunft nicht gewinnen. Wir brauchen endlich Spielmacher und nicht nur Innenverteidiger in der Gesundheitspolitik – vor allem wenn sie immer mehr Eigentore schießen.“ Mit diesen Worten kommentierte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg Dr. Norbert Metke den Widerstand der Gesundheitsministerkonferenz, sich mit dem Ende der Budgetierung in der ambulanten Versorgung zu befassen.

„Jedes Jahr nehmen die Klagen zu, dass die Wartezeiten auf Termine bei den Fachärzten länger werden. Auch bei den Hausärzten bekommen wir immer mehr Hinweise, dass die Patienten keine Termine bekommen. Und was macht die Politik? Sie verteidigt mit Mann und Maus immer stärker ihre veraltete Spielanlage und wundert sich, dass sie keine Spiele mehr gewinnt. Es ist schon bedenklich, dass die Politik nicht erkennt, dass ihre Taktik nicht mehr funktioniert.“

Politik begrenzt Facharzttermine

Sein Vorstandskollege Dr. Johannes Fechner erläutert: „Die fehlenden Facharzttermine sind von der Politik ausdrücklich gewollt gewesen. Es war das Ziel der Politik, die Zahl der Behandlungstermine zu begrenzen und hat die Kassenärztlichen Vereinigungen daher verpflichtet, den Ärzten jedes Quartal ein Kontingent an Patienten zuzuweisen. Der Hebel war die Vergütung. Denn die Politik hat festgelegt, dass die Ärzte nur dieses Kontingent auch bezahlt bekommen. Wenn sie mehr Patienten behandeln, müssen sie das auf eigene Rechnung vornehmen, bekommen also keine Vergütung.“ Der KV-Chef erläuterte, dass das über Jahre hinweg auch funktioniert habe – zumindest aus Sicht der Politik. „Die Ärzte haben für einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Behandlungen auf eine Vergütung verzichten müssen, die Patienten haben aber schnell Termine bekommen.“

Das sei aber vorbei. „Die Nachfrage nach Facharztterminen steigt permanent an. Durch den Ärztemangel haben wir auch Kapazitätsprobleme bei den Haus- und den Kinder- und Jugendärzten. Wir haben einen steigenden Druck auf die Wartezimmer. Die Ärzte sind aber nicht bereit, noch mehr Patienten auf eigene Kosten zu behandeln. Die Folge sind Wartezeiten.“ Vor diesem Hintergrund grenze es an Realitätsverweigerung, immer noch darauf zu setzen, dass mit der Taktik aus früheren Jahren heute noch ein Spiel zu gewinnen sei. „Wir müssen endlich anfangen, unsere Energie darauf zu setzen, wie wir mutiger nach vorne spielen können, als weiter die Verteidigung zu stärken. Spielmacher und Stürmer sind gefragt, Innenverteidiger haben wir genug.“

Mehr Facharzttermine ohne Budgetdeckel

Was sei nun erforderlich? „Wir haben eine Umfrage unter den Mitgliedern vorgenommen, über die wir die Auswirkungen der Budgetierung abgefragt haben. Die Ergebnisse sind bezeichnend: Ein großer Teil unserer Fachärzte könnte 50 und mehr Termine pro Monat für Kassenpatienten zur Verfügung stellen, wenn die Budgetierung aufgehoben würde. Man kann das auch ganz praktisch erkennen: Bei den fachärztlichen Internisten und den Neurologen haben wir die längsten Wartezeiten, dort haben wir den höchsten Grad an Budgetierung.“ Fechner abschließend: „Wir Ärzte kennen uns gut mit Resistenzen aus. Gegen Beratungsresistenz haben wir aber kein Rezept.“