Arzneimittelausgabe durch Ärztinnen und Ärzte ermöglichen

Internetapotheken zur Entlastung der Patientinnen und Patienten stärken

Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) fordert die Politik auf, die Arzneimittelausgabe durch Ärztinnen und Ärzte, also die Erweiterung des Dispensierrechts, zu ermöglichen.

Vorstandschef Dr. Norbert Metke sagte dazu am Dienstag in Stuttgart: „Es ist heute niemandem mehr zu vermitteln, dass insbesondere im Notfalldienst die Ärztinnen und Ärzte an den Wochenenden, Feiertagen oder in der Nacht im Rahmen eines Hausbesuchs ein Rezept ausstellen, dann den Patientinnen und Patienten aber zumuten, noch irgendwo in eine Apotheke zu fahren, um sich das Medikament zu besorgen. Für Patientinnen und Patienten, die alleinerziehend sind, ältere Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, oder auch Behinderte ist es mehr als schwierig, damit umzugehen. Gleiches gilt, wenn zu den normalen Sprechstundenzeiten Hausbesuche vorgenommen werden. Auch hier sprechen wir über Patientinnen und Patienten, die das Haus nicht verlassen können. Wenn die Ärztinnen und Ärzte hier die zehn am häufigsten benötigten Arzneimittel direkt ausgeben könnten, könnte der Großteil des Bedarfs damit gedeckt werden. Kostengünstig, bequem und ohne zusätzliche Kosten.“

Versorgung durch Aufhebung der Sektorengrenzen verbessern

Für Metke ergibt sich die Forderung aus den Bestrebungen der Politik, die Grenzen der Tätigkeiten, die bisher einzelnen Berufsgruppen vorbehalten war, zu überprüfen. 

Unter anderem sollen künftig auch Apotheken Grippeschutzimpfungen vornehmen dürfen. „Wenn die Versorgung durch Aufhebung der Sektorengrenzen verbessert werden soll, kann dies keine Einbahnstraße sein. 

Zur Entlastung der Patientinnen und Patienten soll jeder das tun können, was er erlernt hat und kann. Ganzheitliche Medizin und insbesondere der Impfschutz müssen im Ganzen gesehen werden. Das können nur diejenigen, die das Ganze gelernt haben und das sind die Ärztinnen und Ärzte. Bisher haben wir bei den Grippeschutzimpfungen Versorgungsengpässe vor allem durch Impfskepsis und nicht ausreichend vorhandenem Impfstoff erkannt, ärztliche Termine standen hinreichend zur Verfügung.“ Metke warb in diesem Zusammenhang für die Grippeschutzimpfung. „Vor allem gefährdete Personengruppen sollten sich unbedingt gegen Grippe impfen lassen.“ Er wies darauf hin, dass die Grippeschutzimpfung gemeinsam mit der Impfung gegen Covid, vor allem auch der Auffrischimpfung, in den Arztpraxen vorgenommen werden kann.

Erfahrungen aus der Pandemie zum Thema Digitalisierung nutzen

Für seinen Vorstandskollegen Dr. Johannes Fechner zeigen die Erfahrungen aus der Pandemie, dass die Digitalisierung zu deutlichen Verbesserungen führen kann. „Die Videosprechstunde hat eine große Zahl an direkten Arztbesuchen ersetzt. Das hat für die Patientinnen und Patienten eine große Erleichterung zur Folge gehabt. Die positiven Erfahrungen setzen wir fort, die Videosprechstunde wird auch künftig ein fester Bestandteil der Versorgung sein. Dementsprechend sollten auch Internetangebote für Arzneimittel, also Online-Apotheken gestärkt werden. Insbesondere Patientinnen und Patienten, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, sollten durch die Ärztinnen und Ärzte auf diese Möglichkeit hingewiesen werden. Auch unsere Mitglieder sollten prüfen, ob sie ihren Sprechstundenbedarf. insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebotes, nicht auch über Internetangebote decken und damit gegebenenfalls günstiger beziehen könnten. Angesichts der Kostensteigerungen in diesen Bereichen und des damit verbunden erhöhten Risikos eines Regresses bietet sich das an.“ 

Für den Vorstand ergibt sich aus diesen Themen eines der Aufgabengebiete für die neue Bundesregierung. Gleichzeitig kündigte der Vorstand an, in Bezug auf das Dispensierrecht, insbesondere im Notfalldienst, eine entsprechende Petition an den Deutschen Bundestag zu prüfen und eine Informationskampagne der Patientinnen und Patienten zum barrierearmen Bezug von Medikamenten auch für nicht verschreibungspflichtige Medikamente vorzubereiten.