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Außerklinische Intensivpflege

Zu Jahresbeginn 2023 wurde die außerklinische Intensivpflege neu geregelt: Die Entwöhnung von einer Beatmung oder Kanülierung steht stärker im Fokus – und zwar durch regelmäßige ärztliche Erhebungen des Potenzials für eine solche Entwöhnung. Das soll die Patientenversorgung verbessern.

Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie

Bei Menschen, die künstlich beatmet werden oder die eine Trachealkanüle haben, kann es jederzeit zu lebensbedrohlichen Situationen kommen. Deshalb ist die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft erforderlich.

Patienten, die außerklinische Intensivpflege benötigen, wurden bisher im Rahmen der häuslichen Krankenpflege versorgt. Durch das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz wurde festgelegt, dass die außerklinische Intensivpflege eine eigene Leistung ist (§ 37c SGB V).

Grundlage für die Verordnung ist seit 1. Januar 2023 die Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Bei der Verordnung muss eine Erhebung des Entwöhnungspotenzials vorliegen und ein Behandlungsplan erstellt werden – beides neue ärztliche Aufgaben. Für die Erhebung und Verordnung ist eine besondere Qualifikation nachzuweisen.

Gesetz und Richtlinie

Ablauf und ärztliche Qualifikation

Bevor sie beatmeten und trachealkanülierten Patienten außerklinische Intensivpflege verordnen, sollen Ärzte prüfen, ob eine Potenzialerhebung für eine Entwöhnung vorliegt. Voraussichtlich ab 1. Januar 2025 wird die Potenzialerhebung dann verpflichtend sein.

Die Potenzialerhebung ist mindestens alle sechs Monate durchzuführen und darf zum Zeitpunkt der Verordnung nicht älter als drei Monate sein.

Verordnen dürfen:

  • Hausärzte und alle weiteren Vertragsärzte mit Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Patienten. Sie benötigen eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung, die sie beantragen müssen.
  • Fachärzte mit Zusatzbezeichnung Intensivmedizin / für Innere Medizin und Pneumologie / für Anästhesiologie / für Neurologie / für Kinder- und Jugendmedizin. Sie benötigen keine Genehmigung.
  • Fachärzte mit Genehmigung zur Potenzialerhebung. Sie benötigen eine Genehmigung für die Potenzialerhebung, aber keine für die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege.

Dies gilt in gleicher Weise für Ärzte in ermächtigten Einrichtungen (z.B. Institutsambulanzen, Sozialpädiatrische Zentren), die als Leistungserbringer an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.

Potenzial erheben dürfen – bei Erwachsenen:

  • Fachärzte mit der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin,
  • Fachärzte für Innere Medizin und Pneumologie,
  • Fachärzte für Anästhesiologie mit mindestens 6-monatiger einschlägiger Tätigkeit in der prolongierten Beatmungsentwöhnung auf einer auf die Beatmungsentwöhnung von langzeitbeatmeten Versicherten spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit,
  • Fachärzte für Innere Medizin, Chirurgie, Neurochirurgie oder Neurologie mit mindestens 12-monatiger einschlägiger Tätigkeit in der prolongierten Beatmungsentwöhnung auf einer auf die Beatmungsentwöhnung von langzeitbeatmeten Versicherten spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit,
  • weitere Fachärzte mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit
  • bei nicht beatmeten Patienten auch Fachärzte mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer stationären Einheit der neurologisch-neurochirurgischen Früh-Reha

Für die Potenzialerhebung ist eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich.

Potenzial erheben dürfen – bei Kindern und Jugendlichen:

  • Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Pneumologie
  • Fachärzte mit jeweils einschlägiger Tätigkeit in der Behandlung von langzeitbeatmeten oder trachealkanülierten, nicht beatmeten Kindern und Jugendlichen auf einer hierfür spezialisierten stationären Einheit, in einer entsprechend hierfür spezialisierten Hochschulambulanz oder in einem entsprechend hierfür spezialisierten sozialpädiatrischen Zentrum:
    • Fachärzte für Anästhesiologie: mindestens sechs Monate Tätigkeit
    • Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin: mindestens zwölf Monate Tätigkeit
    • weitere Fachärzte: mindestens 18 Monate Tätigkeit

Bei jungen Volljährigen kann die Erhebung bei einschlägiger Tätigkeit in der Behandlung von langzeitbeatmeten oder trachealkanülierten, nicht beatmeten Versicherten in einem hierfür spezialisierten medizinischen Behandlungszentrum zusätzlich erfolgen durch:

  • Fachärzte für Anästhesiologie: mindestens sechs Monate Tätigkeit
  • weitere Fachärzte: mindestens 18 Monate Tätigkeit

Für die Potenzialerhebung ist eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich.

Ärzte, die sowohl zur Verordnung als auch zur Potenzialerhebung qualifiziert sind, können beide Aufgaben übernehmen.

Ein „Vier-Augen-Prinzip“ besteht für die Fälle, bei denen voraussichtlich langfristig kein Beatmungsentwöhnungs- oder Dekanülierungspotenzial vorliegt und damit auch die regelmäßige Potenzialerhebung nicht notwendig wird. Hier gilt: Wer verordnet, darf nicht das Potenzial erheben und umgekehrt.

Übergangsregelung zur Potenzialerhebung

Bis zum 31. Dezember 2024 wird die bisher verpflichtende Vorgabe zur Potenzialerhebung in der AKI-Richtlinie durch eine befristete „Soll“-Regelung ersetzt.

Falls also nicht gewährleistet werden kann, dass eine zur Potenzialerhebung qualifizierte Person vor der Verordnung rechtzeitig zur Verfügung steht, kann von einer Potenzialerhebung ausnahmsweise abgesehen werden. Dies ist ärztlich auf dem Verordnungsvordruck (Muster 62B) unter „Weitere Erläuterungen" zu dokumentieren.

Abrechnungsempfehlung

Formulare und Ausfüllhinweise

Für die Verordnung außerklinischer Intensivpflege sowie für Erhebung und Behandlungsplan gelten seit 1. Januar 2023 neue Formulare:

  • Ergebnis der Erhebung: Formular 62A
  • Verordnung: Formular 62B
  • Behandlungsplan: Formular 62C

Versicherte reichen die Formulare bei ihrer Krankenkasse zur Genehmigung ein. Wie bei anderen gesetzlichen Leistungen müssen sie sich anteilig an den Kosten beteiligen (gesetzliche Zuzahlungspflicht).

Formulare und Ausfüllhinweise

Abrechnung und Vergütung

Hierzu wurde der Abschnitt 37.7 in den EBM aufgenommen. Die neuen Gebührenordnungspositionen (GOP) im Zusammenhang mit der Potenzialerhebung wurden bereits zum 1. Dezember 2022 eingeführt. Die GOP für Verordnung, Koordination und Fallkonferenz sind seit 1. Januar 2023 berechnungsfähig.

Die neuen Leistungen im Überblick

Seit 1. Dezember 2022 im EBM

GOP 37700 Erhebung

Beschreibung

  • Potenzialerhebung (gemäß § 5 der AKI-Richtlinie) auf Formular 62A, einmal im Behandlungsfall (=Quartal)

Bewertung

  • 257 Punkte / 28,95 Euro
  • ab 2023: 29,53 Euro

GOP 37701 Zeitzuschlag zur Erhebung bei Besuch

Beschreibung

  • Zuschlag zur GOP 37700 bei Durchführung der Erhebung im Rahmen eines Besuchs nach GOP 01410 oder 01413, je weitere vollendete 10 Minuten, höchstens dreimal im Behandlungsfall

Bewertung

  • 128 Punkte / 14,42 Euro
  • ab 2023: 14,71 Euro

GOP 37704 Zuschlag Schluckendoskopie

Beschreibung

  • Zuschlag zur GOP 37700 für Schluckendoskopie

Bewertung

  • 294 Punkte / 33,12 Euro
  • ab 2023: 33,79 Euro

GOP 37705 Zuschlag Säurebasenhaushalt / Blutgasanalyse

Beschreibung

  • Zuschlag zur GOP 37700 für Bestimmung des Säurebasenhaushalts und Blutgasanalyse

Bewertung

  • 84 Punkte / 9,46 Euro
  • ab 2023: 9,65 Euro

GOP 37706 Grundpauschale für Krankenhäuser und Privatärzte

Beschreibung

  • Grundpauschale im Zusammenhang mit der GOP 37700 für Ärzte und Krankenhäuser gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 der AKI-Richtlinie, einmal im Behandlungsfall

Bewertung

  • 159 Punkte / 17,91 Euro
  • ab 2023: 18,27 Euro

GOP 37714 Konsiliartätigkeit

Beschreibung

  • Pauschale für die konsiliarische Erörterung und Beurteilung medizinischer Fragestellungen durch einen konsiliarisch tätigen Arzt, einmal im Behandlungsfall

Bewertung

  • 106 Punkte / 11,94 Euro
  • ab 2023: 12,18 Euro

Seit 1. Januar 2023 im EBM

GOP 37710 Verordnung

Beschreibung

  • Verordnung auf Formular 62B und Behandlungsplan auf Formular 62C, höchstens dreimal im Krankheitsfall

Bewertung

  • 167 Punkte / 19,19 Euro

GOP 37711 Koordination

Beschreibung

  • Zuschlag zur Versichertenpauschale oder Grundpauschale für den die außerklinische Intensivpflege koordinierenden Vertragsarzt (gemäß § 12 Abs. 1 der AKI-Richtlinie), einmal im Behandlungsfall

Bewertung

  • 275 Punkte / 31,60 Euro

GOP 37720 Fallkonferenz

Beschreibung

  • Fallkonferenz gemäß § 12 Absatz 2 der AKI-Richtlinie, höchstens achtmal im Krankheitsfall

Bewertung

  • 86 Punkte / 9,88 Euro

Hinweise:

  • Die Leistungen zur außerklinischen Intensivpflege werden extrabudgetär vergütet.
  • Voraussetzung für die Berechnung ist, dass die Leistungen nach den Vorgaben der Außerklinischen Intensivpflege-Richtlinie ausgeführt werden.
  • Außerdem ist für die Berechnung einiger GOP eine bestimmte Qualifikation nachzuweisen beziehungsweise eine Genehmigung bei der Kassenärztlichen Vereinigung zu beantragen (siehe Ablauf und ärztliche Qualifikation).

Fortbildung und Genehmigung

Hausärzte benötigen eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung, wenn sie außerklinische Intensivpflege verordnen wollen. Bei der Antragstellung müssen sie bestätigen, dass sie über Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten verfügen oder sich diese innerhalb von sechs Monaten aneignen. 

Die Qualifikation kann durch CME-Fortbildungen der KBV erlangt werden. Die Teilnahmebescheinigungen werden bei der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung eingereicht, um die erforderlichen Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten nachzuweisen.

Die von der Ärztekammer Berlin mit insgesamt neun CME-Punkten zertifizierte Online-Fortbildung „Außerklinische Intensivpflege“ umfasst drei Teile: 

  • Teil 1 beinhaltet die Module „Krankheitsbilder“ und „Weaning – Beatmungsentwöhnung und Dekanülierung“,
  • Teil 2 die Module „Hilfsmittel in der außerklinischen Intensivpflege – Beatmungsgeräte und Zubehör“ sowie „Therapieoptimierung“ und
  • Teil 3 das Modul „besondere Versorgungssituationen“.

Jeder Teil setzt sich aus den Lerninhalten und jeweils zehn Multiple-Choice-Prüfungsfragen zusammen. 

Die Fortbildungen sind mit jeweils drei CME-Punkten zertifiziert und im Fortbildungsportal der KBV verfügbar.

Fortbildungsinhalte zum Download

Empfehlungen des GKV-Spitzenverbands

Der GKV-Spitzenverband legt zusammen mit den Spitzenorganisationen der Pflege Empfehlungen unter anderem zu den Qualifikationen von Pflegefachkräften, zu strukturellen Anforderungen an Wohneinheiten und zur Zusammenarbeit zwischen Pflege und Ärzteschaft fest.

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